Mittwoch, 22. April 2015

Robert Galbraith - The Cuckoo's Calling




Ich gebe normalerweise wenig auf die Kommentare von berühmten Lesern, die auf Büchern stehen. Bei "Cuckoo's Calling" allerdings muss ich Val McDermid (auf die ich wegen ihrer Krimis total stehe) Recht geben: Dieses Buch habe sie daran erinnert, warum sie sich vor vielen Jahren in das Genre Krimis verliebt habe, soll sie angeblich gesagt haben. Auch mich hat das Buch unheimlich begeistert: ein guter Plot mit spannenden Ermittlungen und einem tollen Twist, und bevölkert mit Figuren, die ich sehr schnell unheimlich gerne mochte.

Ich habe lange überlegt, ob und wie ich die Autorenfrage in dieser Rezension erwähne, aber irgendwie muss man wohl mindestens kurz erwähnen, dass a) Joanne K. Rowling dieses Buch unter dem Pseudonym Robert Galbraith geschrieben hat und b) es überhaupt nix mit Harry Potter zu tun hat. Das soll es zu dem Thema auch schon gewesen sein, ich möchte - so gut das irgendwie noch möglich ist - die Entscheidung der Autorin würdigen und ihren Namen nicht nennen. Robert Galbraith steht vorne drauf und damit ist es gut!

Jetzt endlich zum Inhalt:  "Cuckoo's Calling" ist eine klassische Detektiv-Geschichte mit einem Privatdetektiv in der Hauptrolle, der sich auf dem Weg zur Wahrheit durch (ein schön und detailliert beschriebenes) London bewegt. Dass dieser Mann Detektiv werden musste, wäre mir schon klargewesen, nachdem ich seinen Namen das erste Mal gehört hätte. Er heißt Cormoran Strike, ziemlich cool, oder? Naja, Cormoran ist zwar ein ziemlich helles Köpfchen und ein toller Ermittler, er schleppt aber auch jede Menge emotionalen Ballast mit sich herum. Ich reiße das mal ein bisschen an, um nicht zu viel zu verraten: eine heikle Familiengeschichte, eine belastende Beziehung, Geldprobleme und außerdem ein Vergangenheit als Soldat. Puhhhhh! Aber der Mann ist trotzdem kein Trauerkloß, sondern ziemlich unterhaltsam und wie gesagt ziemlich smart. Jeder gute Ermittler braucht einen Side-Kick, der ihm zur Seite steht und auch mal den Rücken freihält: Tadaaaa, Robin. Sie kommt, um als Aushilfssekretärin in Cormorans Büro zu arbeiten und findet ziemlich schnell Gefallen an ihrem neuen Job, weil er viel aufregender ist als alles, was sie bisher getan hat. Allerdings stehen die beiden unter Zeitdruck, den Fall gemeinsam aufzuklären. Robin sucht nämlich einen festen Job mit richtigem Gehalt. 
Ach so, wir brauchen auch noch einen Fall für dieses tolle Detektiv-Gespann? Kein Problem. Eines Tages betritt nämlich John Bristow das Büro von Cormoran und bittet ihn, sich mit dem Tod von Johns Schwester zu beschäftigen. Lula war ein junges Model auf dem Weg zum großen Durchbruch und wurde eines Nachts auf der Straße vor ihrem Haus gefunden, wo sie sich scheinbar aus dem Fenster gestürzt hat. Die Polizei hat die Ermittlungen geschlossen und ist zu dem Schluss gekommen, dass Lula Selbstmord begangen hat. Der trauernde Bruder aber mag das nicht glauben, und so fängt Cormoran an zu graben in der Vergangenheit der hübschen jungen Frau, ihrer berühmten Freunde und ihrer wohlhabenden Familie.

Ich habe dieses Buch innerhalb weniger Tage durchgelesen, weil es so spannend war. Ich wollte unbedingt wissen, was mit Lula passiert war und gleichzeitig am liebsten verhindern, dass das Buch zu Ende ist. Das Ende zu ertragen, war übrigens nicht so schlimm wie ich erwartet hatte: Es war nämlich ein gutes Ende, eines, das zufriedenstellt, obwohl es tragisch ist und Menschen gelitten haben. 

Robert Galbraith - The Cuckoo's Calling
Sphere Books, 464 Seiten
ISBN: 978-1408703997



Mittwoch, 18. März 2015

Sir Arthur Conan Doyle - The Complete Sherlock Holmes (Volume 2)




Ich las das erste Buch über Sherlock Holmes, den berühmtesten Detektiv aller Zeiten, als ich 12 Jahre alt war. Er hat mich fasziniert und ich bin ihm seitdem treu geblieben, habe so gut alles gelesen, was es über ihn gibt, Filme und Serien gesehen. Ich fühle mich mittlerweile, als seien wir alte Freunde. Dieses Buch ist eine tolle Ergänzung meiner kleinen Bibliothek zu Hause.

Zum Inhalt muss ich vermutlich nicht viel sagen, das Buch enthält mehr als 30 Geschichten über die Ermittlungen von Holmes und Watson, zwei Essays von Arthur Conan Doyle und zwei Parodien, die der Autor selbst über seine berühmte Schöpfung geschrieben hat. Volume 1 der Sammlung enthält die Werke bis zum Verschwinden von Sherlock Holmes an den Reichenbachfällen, Volume 2 setzt danach ein.

Auch wenn die Geschichten schon 100 Jahre und mehr auf dem Buckel haben, so lassen sie sich doch immer noch gut und flüssig lesen. Im Buch befinden sich einige Illustrationen, die es auch in älteren Ausgaben schon gab und obwohl es "nur" ein Paperback ist, hält das Buch doch eine ganze Menge Fahrten in Rucksack oder Handtasche aus.

Die kurze Wertung: Ein tolles Buch, dessen Kauf sich sowohl für Fans lohnt, die gerne die Geschichten alle zusammen hätten, als auch für Holmes-Einsteiger. Das Preis-Leistungs-Verhältnis passt absolut.

Sir Arthur Conan Doyle -  The Complete Sherlock Holmes
Barnes & Noble Classics, 697 Seiten
ISBN; 978-1-59308-040-2

Sonntag, 15. März 2015

Neil Gaiman - The Ocean at the End of the Lane

An diesem Sonntagvormittag bin ich mit dem namenlosen Hauptdarsteller dieses Buch in seine Kindheit, in verrückte fremde Welten, an die Klippen der Angst und wieder zurück gereist. Neil Gaimans neuestes Buch ist mitreißend, versponnen, realistisch und gleichzeitig total phantastisch - und deswegen total empfehlenswert.

Die Geschichte beginnt mit dem Erzähler, der als Erwachsener wegen einer Beerdigung nach langen Jahren in den Ort zurückkommt, an dem er seine Kindheit verbracht hat. Wie unbewusst steuert er auf den Hof zu, auf dem seine Kindheitsfreundin Lettie wohnte. An dem Teich nahe des Farmhauses (dem titelgebenden Ozean am Ende der Straße) erinnert er sich langsam wieder an die Abenteuer seiner Kindheit, und Neil Gaiman beginnt mit seiner Zaubershow. Während der kompletten Geschichte bietet er Situationen, in denen man sich sicher ist, man befinde sich in einer Fantasygeschichte, nur um kurz darauf Szenen zu beschreiben, die ganz klar auf das Genre Familienroman deuten. Das Buch ist eindeutig auf beide Arten lesbar, aber genauso glaubhaft, wenn man sich einfach nur vom Autor an die Hand nehmen und die Welt in seiner Geschichte zeigen lässt.

Sind Lettie und ihre Mutter und Großmutter wirklich Wesen aus einer anderen Welt, die magische Kräfte haben oder haben die Kinder beim Spielen einfach nur viel Fantasie? Hat der Rasen im Garten einfach nur eine merkwürdige Maserung oder befindet sich dort wirklich ein Feenring, in dessen Mitte man vor den dunklen Schatten geschützt ist? Ich war während des Lesens hin- und hergerissen, was ich selbst nun glaube. Und als ich mich dann durch das Buch hindurchgefressen hatte, da musste ich erstmal noch ein bisschen über alles nachdenken, was ich gerade gelesen hatte. Denn obwohl man die Geschichte gut und flüssig lesen kann, bedeutet das nicht, dass sie seicht ist oder dass Gaiman eine eindeutige Aufklärung liefert. Für Jugendliche ist der "Ozean" auch geeignet, weil es sich gut lesen lässt, aber das bedeutet nicht, dass erwachsene Leser nicht allerhand in dem Buch finden können. Vor allem viele Situationen, über die man noch lange nachdenken kann. Dazu kommt die plastische und bunte Schilderung Gaimans der "anderen" Welt. Die vielen tollen Details würden auch schon für einen Fantasyroman reichen, Neil Gaiman hat sogar noch ein bisschen mehr dazugepackt.

Neil Gaiman - The Ocean at the End of the Lane
William Morrow, 192 Seiten
ISBN: 978-0062272348

Samstag, 28. Februar 2015

Paul Auster - The Book of Illusions

Irgendwie habe ich das Gefühl, dieses Buch hätte mich gefunden. Ich flog um die halbe Welt und entdeckte, eigentlich auf der Suche nach einem anderen Werk von Paul Auster, in einem riesigen Laden für gebrauchte Bücher "The Book of Illusions". Ich kaufte es für ein paar Dollar aus vagem Interesse - und war ein paar Tage später völlig gefesselt. Ich glaube, es ist kein Buch für jeden Geschmack, aber es ist auf alle Fälle etwas ganz Besonderes und wird bestimmt alle Leser im Sturm erobern, die Erzählkunst und vielleicht auch einen kleinen Schuss Tausendundeine Nacht in ihren Geschichten mögen.

Leicht macht es Paul Auster seiner erzählenden Hauptfigur David nicht - aber ich glaube, das tut er nie. Die Familie des Unidozenten ist bei einem Flugzeugabsturz umgekommen und lässt ihn an seinem Leben verzweifeln. Durch Zufall stößt er auf eine Reihe von Stummfilmen aus den 1920er-Jahren und macht es zu seinem Projekt, über sie und vor allem den Mann ein Buch zu schreiben, der die Filme geschrieben, produziert und gedreht hat. Dessen Karriere nahm ein ziemlich mysteriöses Ende, er verschwand nämlich plötzlich und tauchte nie wieder auf. 
Als das Buch erschienen ist, nimmt eine Frau mit David Kontakt auf, die behauptet, sie sei die Frau dieses Stummfilmstars, der habe sein Leben auf einer Farm in der Wildnis New Mexicos verbracht, liege jetzt aber im Sterben und wolle David unbedingt vor seinem Tod kennenlernen, weil ihm das Buch über seine Filme so gut gefallen habe.
Natürlich fühlt sich David zuerst auf den Arm genommen, aber in Begleitung der Ziehtochter des Regisseurs, die ihn eines Abends mit einer Pistole besucht, um ihn davon zu überzeugen, nach New Mexico zu reisen, fährt er schließlich doch los. 
Zu erzählen, was passiert, ohne zu viel von der Story zu verraten, ist ziemlich schwierig. Die Ziehtochter von Regisseur Hector erzählt David auf dem Weg nach New Mexico vom Leben des Filmemachers, wie seine Karriere begann, was ihn dazu brachte, plötzlich zu verschwinden, und wie er stets im Verborgenen seinen Traum weiter lebte. Die Geschichten, die sie natürlich auch nur von Hector, aus seinen Notiz- und Tagebüchern, erfahren hat, sind ziemlich unglaublich, witzig, tragisch und spannend. Paul Auster spielt sehr gut mit dieser besonderen Situation, dass man als Leser niemals genau wissen kann, was wirklich stimmt, wer übertreibt oder gar lügt. Das Vorspiegeln falscher Tatsachen ist natürlich in einem Buch, dass sich in großen Teilen mit der Filmindustrie beschäftigt, ziemlich präsent. (Deswegen heißt es ja auch "The Book of Illusions") Paul Auster beschreibt das nicht nur, er nutzt diese Taktik auch, spielt mit Ideen, Erwartungen und einfach wunderbar mit Worten.

Ein wunderbares Buch mit vielen Geschichten in einer tollen Geschichte, schmerzhaft, aber auch sehr schön!

Paul Auster - The Book of Illusions
Henry Holt and Company, 321 Seiten
ISBN: 0-965-045692











Dienstag, 17. Februar 2015

Iris Hammers - Das Erbe der Madame Dupont

Nicht nur Liebe geht durch den Magen, obwohl man bei Gerichten wie "Jakobsmuscheln in Morcheljus auf Kartoffelgnocchis" oder "geeisten Himbeeren auf Pfefferminzsorbet" definitiv Appetit bekommt.

In Das Erbe der Madame Dupont, das 2015 im Insel Verlag erschienen ist, beschreibt Iris Hammers die Geschichte von Helen, die mit ihrem Sohn Max nach Lyon zieht, um ihrem Mann Gregor wieder näher zu sein. Doch was nach anfänglicher Freude aussieht, endet bald in Einsamkeit, denn Helens Mann Gregor versinkt im Stress seiner Firma und hat kaum Zeit für seine Familie. So müssen Helen und Max auf eigene Faust das Land und die Leute erkunden. Während Max schnell Anschluss findet und sich sogar verliebt, bleibt Helen aufgrund ihrer fehlenden Sprachkenntnisse alleine zurück. Bis zu dem Tag, als sie ihre ältere, nette Nachbarin Madame Dupont kennenlernt, mit der sie sich auf Anhieb blendend versteht. Diese macht Helen auch mit ihren zwei sehr unterschiedlichen Neffen Maurice und Paul bekannt, die das Gourmetrestaurant in Lyon führen. Bei einem Kochkurs im Restaurant lernt Helen schließlich nicht nur die Geheimnisse der französischen Küche kennen, sondern auch ein viel dunkleres, bisher unentdecktes Geheimnis, das den Leser zurück in die Vergangenheit führt ...

Das Cover von Das Erbe der Madame Dupont passt vor allem thematisch gut zum Inhalt des Buches. Mit dem kleinen Lädchen, das sehr nostalgisch wirkt, versprüht es direkt den Charme der französischen Kultur. Man kann förmlich den Duft von frischgebackenen Waren riechen. Auch die dunklen, warmen Farben gefallen mir äußerst gut. Die Kapiteleinteilung lädt zu einem zügigen Lesen ein, da sie alle recht kurz gehalten sind. Die Kurzbeschreibung ist ebenfalls gelungen und verrät nicht zu viel über den Inhalt. Doch neben den kulinarischen Einheiten des Buches, die einen gewisses Flair verbreiten und einem den Speichel in den Mund treiben, kommen vor allem die Themen Kindesmissbrauch und häusliche Gewalt vor, die im Kontrast sehr schockierend sind. Jedoch wird die aussichtslose Situation so dramatisch geschildert, dass sie dem Leser fast nicht glaubwürdig erscheint. Ein bisschen weniger wäre hierbei also besser gewesen.

Zwei größere Kritikpunkte habe ich jedoch, die der Geschichte etwas mehr geschadet haben. Bereits nach den ersten Kapiteln kann man als Leser mehr als deutlich erkennen, wer die besagten Personen in der Vergangenheit sind. Auch andere Aktionen im Verlauf der beiden Handlungsstränge sind oftmals so offensichtlich, dass schnell die Luft raus ist. Dadurch fiel mir das Mitfiebern oftmals sehr schwer. Der andere große Kritikpunkt sind die Figuren. Diese waren mir persönlich viel zu oberflächlich.  Durch eindeutigere Charakterzüge und Gedanken hätte man mehr Tiefe erzeugen können, sodass die Geschichte für den Leser viel greifbarer und intensiver geworden wäre. So haben mich die Figuren jedoch nicht berührt. Auch die Dialoge sollten angepasst werden,da sie oftmals nicht authentisch wirkten und keinen wichtigen Inhalt transportierten. Es ist schade, dass ausgerechnet die authentischste Figur, nämlich Gerda, so wenig zur Handlung beigetragen hat.

Fazit: Trotz mangelndem Tiefgang ein gutes Buch für zwischendurch.

Emma Hopper - Etta and Otto and Russell and James

“Otto, I’ve never seen the water, so I’ve gone there. Don’t worry, I’ve left you the truck. I can walk. I will try to remember to come back”.

Das Meer zu sehen, genau das ist Ettas größter unerfüllter Traum. Also steht sie eines Morgens auf, packt ihre paar Habseligkeiten zusammen, nimmt Ottos Gewehr und verlässt die Farm in Saskatchewan, um das Meer zu sehen. Doch es ist keine einfache, schnelle Reise. Es sind unzählige Meilen, die sie von ihrem großen Wunsch trennen. Zurück lässt sie nicht nur ihren Ehemann Otto, der sich erst mit der Einsamkeit anfreunden muss, sondern auch Russell, der sie genauso liebt wie vor fünfzig Jahren. Etta jedoch kehrt nicht um. Mit ihrem Begleiter James marschiert sie weiter und weiter und weiter…

Das wunderschön gestaltete Cover lädt mit vielen Details und Goldtönen regelrecht zum Lesen ein. Dabei wirkt es nicht nur spielerisch und abstrakt, sondern auch für eine so faszinierende Geschichte passend gewählt. Besonders gut gefällt mir hierbei die Anordnung der Schrift und die Farbauswahl. Des Weiteren lädt die Kapiteleinteilung von „Etta and Otto and Russell and James“ zu einem schnellen Lesen ein, sodass man in die gewaltige Handlung regelrecht hineingesaugt wird. Doch schnelles Lesen soll nicht heißen, dass man das Buch einfach so ohne sich Gedanken zu machen zur Seite legen kann.

In beeindruckender Weise präsentiert die Autorin Emma Hooper ein Zusammenspiel von Freundschaft, Liebe und Schicksal, das den Leser zum Nachdenken inspiriert. Wer gerne zwischen den Zeilen liest, ist hierbei sehr gut aufgehoben, denn es gibt genügend Freiräume für zahlreiche Interpretationen. Doch es gibt auch einen Rückblick aufs Leben, auf längst vergangene Zeiten. So erfährt man als Leser die teils schockierenden Momente aus Ettas, Ottos und Russells Jugend und des wütenden Krieges, der seine Spuren bis nach Saskatchewan hinterließ. Dabei schreibt Hooper sehr leicht, mit gekonnter Wortauswahl und wunderschönen Metaphern, ihre inspirierende Geschichte über das Leben. Nichtsdestotrotz herrscht zeitweise eine kleine Spannungsflaute in dem Buch. Die zwischendurch auftauchende Langatmigkeit von Ettas Reise kann aber gekonnt mit spannenden und teils auch sehr romantischen Rückblicken überbrückt werden, sodass man über diesen kleinen Kritikpunkt schnell hinweg sehen kann. Der englische Sprachgebrauch wurde auf einem sehr einfachen Niveau gehalten. Daher kann man ohne Nachschlagen getrost von Seite zu Seite blättern.

Fazit: Für Leser, die gerne zwischen den Zeilen lesen, verspielte Metaphern mögen und kreativ im Interpretieren sind, ist dieses Buch genau das Richtige. Ich würde es jedem weiterempfehlen!

Etta and Otto and Russell and James
Penguin
ISBN 0241003326

Samstag, 14. Februar 2015

Naomi Wood - Mrs Hemingway

Ernest Hemingway war ein Mann der knappen Worte. Er wurde bekannt mit großen Geschichten, die er in sehr reduziertem Stil erzählte. Was Frauen angeht, da hielt sich Hemingway nicht zurück und genau davon handelt dieses großartige Buch. Naomi Wood lässt die vier Ehefrauen, mit denen "Hem" sein Leben teilte, selbst zu Wort kommen. Hadley, Pauline, Martha und Mary erzählen von der prickelnden Leidenschaft zu Beginn, von dem Leben, dass sie sich an der Seite von Hemingway erträumen, und wie er sie eroberte. Danach springt die Erzählung zum Ende der Beziehung, wo die Frauen sehen, wie ihr Leben mit Hemingway zerbricht, er sie durch eine andere ersetzt. Denn genau das war Hemingways Schema - noch während er sich in einer Beziehung befand, verliebte er sich neu, eroberte die nächste Frau und heiratete sie so schnell es ging.


Naomi Wood hat viel Recherchearbeit für ihr Buch betrieben und das spürt man auch. Sie hat sich in die Leben der Frauen eingefühlt und kann überzeugend erzählen, wie es den Vieren ergangen ist. Am Anfang jedes Kapitel fühlt man als Leser mit, wie es der Verlassenen geht, und sieht den Eindringling in die Ehe mit ihren Augen. Doch auch diese scheinbar so Gewissenlose ist nur verliebt, hat sich bezaubern lassen von der Weltläufigkeit und dem Charme des großen Schriftstellers und am Ende des Kapitels fühlt man mit ihr, wenn ihr das Herz gebrochen wird und Hemingway weiterzieht.
Während Hadley, die erste Mrs Hemingway, zunächst Freundschaft mit ihrer Nachfolgerin Pauline schließt, und ihren Ehemann für diese freigibt, als sie sieht, dass er sie wirklich liebt, reagiert eben diese Pauline sehr viel bitterer, als ihr Mann die schöne junge Martha zunächst in ihr Haus in Key West einlädt und dann schließlich mit ihr eine Affäre beginnt.
Die Charaktere in Naomi Woods Buch sind toll herausgearbeitet, man kann ebenso gut verstehen dass Pauline einen harten Scheidungskampf liefert, wie dass Martha so schnell wie möglich aus ihrer Ehe verschwinden möchte.
Und sogar der große Schriftsteller selbst kommt nicht völlig schlecht weg. In manchen Stellen kann man seinen Charme fast durch die Seiten spüren, in anderen Momenten hat Naomi Wood Szenen erdacht, die ihn glaubhaft als Getriebenen durch ein Leben mit unendlich vielen Möglichkeiten zeigen. Ein Bonus noch für mich persönlich: Das Buch bietet einen tollen Einblick in die Zeit, etwa die 20er-Jahre in Paris mit all' den amerikanischen Intellektuellen.

Naomi Wood - Mrs Hemingway
Picador, 317 Seiten
ISBN: 978-1-4472-2688-8

Donnerstag, 12. Februar 2015

Edward St Aubyn - Lost for words

Was hat man von einem Schriftsteller zu erwarten, der über die Vorgänge schreibt, die sich rund um die Vergabe eines Literaturpreises ereignen? Sehr viel, aber nicht zu viel. Edward St Aubyn dreht in seiner Geschichte das Karussell ziemlich schnell mit den Autoren, solchen, die sich dafür halten, Kritikern, Lektoren, Juroren und vielen anderen, die nicht besonders viel von Literatur verstehen. Amüsant, spitzzüngig und vermutlich mit jeder Menge Einblicke in den Literaturbetrieb ist sein Roman. Aber so richtig hat mich die Handlung rund um die promiskuitive Autorin Katherine, ihre zahlreichen Lover und Ex-Lover und die Mitglieder der Jury für den Elysia Literaturpreis nicht gepackt. Jeder Strang plätschert so vor sich hin.


Katherine zum Beispiel könnte eine bedauernswerte Figur sein - wunderschön, klug und begehrt, aber unfähig, sich fest zu binden. Wenn sie einen Mann aus ihrem Leben verbannt, dann leidet er wie ein Hund. Sam, ihr Kollege, oder ihr Lektor Alan sind solche Fälle. So tief kann die Liebe aber dann doch nicht sein, denn dieses Problem lässt sich schnell wieder lösen. Sam kommt auf die Shortlist für den Preis und Alan zieht wieder bei seiner Frau ein, die er zuvor für Katherine verlassen hatte. 
Ich hatte einige sehr begeisterte Rezensionen zu diesem Buch gelesen und war dadurch neugierig geworden. Mein Urteil: Ich bedauere es nicht, den Roman gelesen zu haben und fühlte mich gut unterhalten, aber irgendetwas hat mir gefehlt. 
Edward St Aubyn - Lost for words


Der indische Adelige Sonny hofft ebenfalls auf den Gewinn des Preises, aber so überzogen von sich selbst überzeugt, wie er dargestellt wird, ist ziemlich schnell klar, dass er darauf wenig Chancen hat.
Die Jury, teilweise bestehend aus politischen Hinterbänklern, ist total überfordert mit ihrer Aufgabe und reagiert auf die Suche nach dem besten Buch mit dem Versuch, ihre jeweiligen Favoriten um jeden Preis durchzudrücken. Der Vorsitzende etwa hat den Posten nur angenommen, um länger im Fernsehen zu sein als bei all seinen Reden im Parlament zusammen. Ein anderes Mitglied der Jury ist ein aufstrebender Schauspieler, der so gut wie jedes Vortreffen verpasst und per Postkarte berichtet, welche Bücher er schon halb gelesen hat.
Zwei chinesische Industrielle, die das Agrarunternehmen Elysia, das den Preis vergibt, übernommen haben, und die nur kurz im letzten Kapitel erwähnt werden, erscheinen als sympathischer und fähiger als die komplette Jury. 
Ziemlich passend finde ich den Titel, wenn es um St Aubyns Humor geht: Ich bin nicht sicher, ob der immer ein Stilmittel ist, oder ob er teilweise die Fehler macht, die er seinen Protagonisten vorwirft. Autorin Penny hat ein Computerprogramm, das ihr Synonyme und Beschreibungen vorschlägt, die sie ständig begeistert nutzt. Genauso schwurbelt St Aubyn aber in Teilen seines Buchs herum, beschreibt die Gefühle der Protagonisten, als werde für Füllwörter bezahlt. 
Vielleicht ist es ein Witz, vielleicht auch nicht. Wenn man bei Witzen über so etwas nachdenken muss, ist ihre Wirkung natürlich verpufft. 


Farrar Straus & Giroux, 261 Seiten
ISBN: 978-0374280291

Mittwoch, 11. Februar 2015

Gillian Flynn - Gone Girl























Es ist Sommer in einem Örtchen in Missouri - nicht zu vergleichen mit der impulsiven Großstadt New York, in der sie vorher gelebt haben. Nick und Amy Dunne scheinen glücklich verheiratet zu sein. Doch trügt der Schein? Ihren fünften Hochzeitstag zelebrieren sie mit einem altbekannten Ritual: Der Schnitzeljagd. Doch dann passiert etwas, womit niemand gerechnet hat. Amy ist verschwunden. Niemand hat sie gesehen und niemand weiß genau, wo sie ist. Während der Ermittlungen verstrickt sich der gutaussehende und zunächst sympathisch wirkende Nick immer mehr in ein Konstrukt von Lügen. Er verhält sich untypisch für einen verliebten Ehemann, sodass sowohl die Medien als auch die Polizei ihn bald nicht als Täter ausschließen können. Doch ist er wirklich so kaltblütig gewesen? Hat er tatsächlich seine Frau umgebracht? Nur auf die Unterstützung seiner Schwester Margo kann Nick wirklich zählen. Ist Amys Tagebuch vielleicht seine Rettung? Immerhin wird es Aufschluss über ihre Beziehung geben, in der nichts so scheint, wie es wirklich ist...

Gillian Flynn erzählt den tiefschwarzen Thriller auf einer so gelungenen Art, dass sie den Leser ständig hinters Licht führt. So erfährt man nicht nur Nicks' Sicht auf die Dinge der angespannten Lage, sondern auch Amys vorläufige Gedankengänge. So hat man das Gefühl, dass man die Hauptcharaktere nach jedem Kapitel besser kennenlernt. Man leidet mit Nick, man freut sich für ihn und Amy und ja, ganz oft schüttelt man auch einfach nur den Kopf. Richtig clever hat Flynn ihre Figuren entwickelt! Zahlreiche Überraschungen sorgen dafür, dass die Figuren auch noch ihre nötige Tiefe bekommen und man das Buch am liebsten zeitweise gegen die Wand schmeißen will. Nicht, weil das Buch so langweilig ist, sondern weil man einfach nicht glauben kann, dass gewisse Dinge passieren. Leider kann Flynn diese Spannung nicht auf Dauer halten, sodass der mittlere Teil des Buches sich etwas zieht, bis der wirklich raffinierte Twist der Story kommt. Dieser ist wirklich so schockierend, dass man die letzten Seiten wieder regelrecht verschlingt. Doch zu viel sollte natürlich auch nicht verraten werden!

Fazit: Ein wirklich spannender Thriller, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Ich persönlich war wirklich schockiert, wie sehr man sich als Leser täuschen lassen kann.

P.S: Für alle Lesefaulen kann ich den Film auch empfehlen.

Gillian Flynn - Gone Girl
Crown Publishing, 555 Seiten
ISBN 978-0-385-34777-8